Staatanwaltschaft Hagen – Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Vergewaltigung nach Weihnachtsfeier
Offenbar fühlte sich die Anzeigeerstatterin hier psychisch von meinem Mandanten, den sie bereits seit der Jugend kannte, durch dessen Zurückweisung derart verletzt, dass sie ihn wegen einer Vergewaltigung anzeigte. Aussagepsychologisch war die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage der Dame rundweg zu verneinen. Denn die Aussage ist eine kognitive Leistung, die die Zeugin nicht erbracht hat. Vielmehr dominierte die absolut qualitative Dürftigkeit der Aussage namentlich über das Kerngeschehen der angeblichen Vergewaltigung.
Falschbelastungsmotivation aus alter Zurückweisung?
Hingegen konnte das Randgeschehen jeweils sehr minutiös von der Zeugin beschrieben werden. Daneben ergaben sich Ansatzpunkte für eine Falschbelastungsmotivation aus der in der Zeugin seit ihrer Jugend schwelenden Verletzung bzw. Enttäuschung darüber, dass mein Mandant sie in der Jugend offenbar zurückgewiesen hatte, was sie selbst in ihrer polizeilichen Vernehmung bekundete. Nunmehr hatte mein Mandant sie tatsächlich abermals verletzt, indem er sie nach eigener Bekundung auslachte in einer Situation, in der sie selbst möglicherweise abermals zu einem sexuellen Abenteuer mit ihm bereit gewesen wäre. Weiterer Ansatzpunkt war, dem Gerede der Kollegen und einem schlechten Ruf in der Firma vorbeugen zu wollen, wo sie offenbar allgemein als sexuell leicht verfügbar eingestuft wurde.
Aggravation
Gestützt wurde die Hypothese der bewussten Falschaussage durch die von der Zeugin vorgenommene Aggravation in der Bewertung des angeblichen Geschehens. So behauptete die Zeugin zunächst, mein Mandant habe sie nur ausgezogen und habe versucht sie zu vergewaltigen; und erst später, dass es dazu gekommen sei.
Opferrolle nicht zum ersten Mal …
Weitere Hinweise zur Erhärtung des Verdachts einer bewussten Falschaussage ergaben sich daraus, dass die Zeugin offenbar bei einer ähnlich gelagerten Geschichte – Beziehung mit dem Betriebsleiter – ein Jahr lang krankgefeiert hatte und auch nun abermals im Zeitraum zwischen der angeblichen Vergewaltigung und ihrer polizeilichen Vernehmung offenbar krank war.
Auffallend akribische Beweissicherung
Weiter verwiesen die Beweisfotos, die ihr Freund angefertigt hatte und die sie unaufgefordert der Polizei übergeben hatte sowie die Mitteilung, dass sie extra nicht zur Toilette gegangen sei, um Spuren nicht zu verwischen, auf eine sehr merkwürdige und sehr auffällige Bemühung zur absoluten Beweissicherung, die auch mit der Hypothese der bewussten Falschaussage kompatibel ist.
Doch keine bewusste Falschaussage?
Im Ergebnis sprach gegen die Hypothese einer bewussten Falschaussage einzig die qualitative Dürftigkeit ihrer Aussage, die sie qua Falschaussagekompetenz sicher hätte besser machen können, ferner die massiven Erinnerungslücken, die sie einräumt; ferner das in der Vernehmung dann doch zögerlich eingeräumte einvernehmliche Küssen im zeitlichen Vorfeld sowie die fehlenden bis allenfalls sehr dürftigen Aussagen über angebliche Gegenwehr; ferner die massive psychische Betroffenheit, die von allen Zeugen und den vernehmenden Beamten berichtet wird bis hin zur massiven Somatisierung ihrer psychischen Belastung.
Aber zumindest: irrtümliche Falschaussage; Autosuggestion
Hilfsweise war sonach auch die Hypothese einer irrtümlichen Falschaussage zu prüfen. Indes ließ sich auch diese nicht mit einer eine Verurteilung meines Mandanten rechtfertigenden Überzeugung zurückweisen: Dies, indem die Zeugin möglicherweise und in der Weiterentwicklung der von vielen Zeugen berichteten Annäherung an meinen Mandanten bereit war, sich auf ein Abenteuer eingelassen hat und dies sogar wünschte und gleichzeitig – mit Blick auf ihre Verlobung – sofort wieder bereute. Insoweit ist denkbar, dass sie ihre Wünsche nach sexueller Annäherung mit meinem Mandanten auf diesen projizierte.
Uminterpretation in nicht-einvernehmlichen Sex?
Damit könnte sie die sexuelle Interaktion im Vorfeld des von ihr in diesem Moment möglicherweise gewollten vollendeten Geschlechtsverkehrs nachträglich in eine Nicht-Einvernehmlichkeit uminterpretiert haben. Dann reichen die Verhaltensauffälligkeiten der Zeugin aus um zu erklären, dass sie überzeugt war, vergewaltigt worden zu sein.
Und im Ergebnis?
Weder die Hypothese einer bewussten Falschaussage noch die Hypothese einer irrtümlichen, im Wege der (Auto) Suggestion generierten Falschaussage ließen sich bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin mit einer eine Verurteilung meines Mandanten rechtfertigenden Überzeugung zurückweisen. Demnach konnte aussagepsychologisch die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage über eine Vergewaltigung durch meinen Mandanten keinesfalls bestätigt werden angesichts der extremen qualitativen Dürftigkeit der Aussage bei gleichzeitiger unabweisbaren Motivation einer Falschaussage. Aussagepsychologisch bleibt es letztendlich auch irrelevant, warum eine Aussage dürftig ist - ob es infolge der Alkoholisierung der Zeugin ist in Bezug auf ihre Erinnerung oder Ausdruck einer schweren psychischen Störung der Zeugin. Oder, weil sie nichts berichten kann – eben weil nichts stattgefunden hat. Im Ergebnis konnte in jedem Fall die Glaubhaftigkeit nicht bestätigt werden, sodass seitens der Verteidigung angeregt wurde, das Ermittlungsverfahren einzustellen. Dem ist die Staatsanwaltschaft Hagen nach zähen Kampf dann auch gefolgt.