Sadomasochistische Praktiken: Wann ist BDSM legal?
Lieben und lieben lassen: Sadomasochistische Handlungen fallen nicht unbedingt unter das, was man normalerweise aus der Liebesbeziehung zweier Menschen kennt. Für manche gehören “Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism” (kurz: BDSM) aber zu einem erfüllten Sexleben dazu. Und das ist auch legitim - sofern die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.
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Was sind sadomasochistische Handlungen?
Als Synonym für BDSM werden oft Begriffe wie “Ledersex”, “Kinky Sex” oder einfach nur Sadomasochismus/ SM verwendet. Im Grunde bezeichnen diese Wörter aber alle Handlungen, welche meist mit Rollenspielen aus Dominanz und Unterwerfungen sowie Bestrafungen, Fesselspielen oder Schlagspielen zu tun haben. In den meisten Fällen werden diese Verhaltensweisen auf die sexuelle Interaktion übertragen, teilweise sind sie sogar nur auf diesen Bereich beschränkt.
Der wichtigste Bestandteil im BDSM ist das freiwillige Handeln der Teilnehmer. Die Konsensualität gilt als Grundstein, um oben genannte Tätigkeiten durchführen zu können und aus Sicht des Gesetzes auch zu dürfen.
Sadomasochismus im Sexualstrafrecht: Wann ist BDSM strafbar?
Immer wieder taucht der Vorwurf der Vergewaltigung, der Vorwurf sexueller Nötigung, sowie der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Zusammenhang mit sadomasochistischen Handlungen auf - und das auch, wenn diese als einvernehmlich galten.
Ein Anwalt für Sexualstrafrecht kann in diesem Fall sehr hilfreich sein, denn er kennt sich bestens auf dem Gebiet sexueller Straftaten aus. Gern berate ich Sie zu diesen Themen und der Strafbarkeit sadomasochistischer Handlungen.
Praktiken aus dem Bereich BDSM sind strafbar, wenn
- keine Einwilligung eines jeden Teilnehmers zum Zeitpunkt der Durchführung sadomasochistischer Handlungen vorlag
- und/oder das Verhalten die Grenze der in §216 und §228 StGB festgelegten Sittenwidrigkeit überschreitet.
Mit einer bloßen Einverständniserklärung der beteiligten Parteien ist es also nicht getan, denn das Gesetz hat weiterhin den Schutz des Lebens der jeweiligen Personen im Sinn.
Wie kann ich mich bei sadomasochistischen Praktiken absichern?
Um BDSM im Rahmen des Gesetzes auszuleben, ist es besonders wichtig, sich im Voraus zu informieren und vor allem durch eine Einwilligung des devoten Teilnehmers abzusichern. Liegt eine sogenannte rechtfertigende Einwilligung vor, sind die Handlungen durch diese gedeckt. Das heißt, dass Handlungen, welche nach außen wie ein Sexualdelikt oder eine Körperverletzung aussehen, nicht strafbar sind, weil beide Parteien diesen zugestimmt haben.
Für die Gültigkeit einer rechtfertigenden Einwilligung zum Verhalten des dominanten Partners im Bereich BDSM sind folgende Punkte zu beachten:
- Die Einwilligung darf zum Zeitpunkt der Durchführung sadomasochistischer Handlungen nicht widerrufen worden sein. Empfehlenswert ist es, die Einwilligung bereits im Vorfeld einzuholen und zum Zeitpunkt eines Treffens zu wiederholen.
- Die Einwilligung kann ausdrücklich oder stillschweigend erklärt werden.
- Der devote Part muss über eine hinreichende Einwilligungsfähigkeit verfügen. Es ist Voraussetzung, dass er Wesen, Bedeutung, Tragweite sowie Folgen der zu erwartenden Handlungen seitens des dominanten Parts beurteilen kann.
- Die Einwilligung erfordert die Abwesenheit entgegenstehender Willensmängel. Dazu zählen zum Beispiel Erklärungs- oder Inhaltsirrtümer, Täuschung, Drohung oder Gewalt. Nicht beachtlich sind sogenannte Motivirrtümer.
Mit vorliegendem gewohnheitsrechtlich anerkanntem Rechtfertigungsgrund sind sadomasochistische Handlungen nicht strafbar (mit Ausnahme §§ 216 und 228; siehe weiter unten im Text).
Das Safeword: Sadomaso mit Sinn und Verstand
Das Praktizieren sadomasochistischer Handlungen wird von den Parteien als Spiel verstanden, weshalb eine Beendigung von beiden Seiten aus jederzeit möglich sein sollte. Die Vereinbarung eines sogenannten Safewords im Voraus ist deshalb wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung. Mit dem Safeword, beispielsweise einem “Stopp”, kann vor allem der devote Part signalisieren, wenn er etwas nicht möchte. Damit es nicht zu Missverständnissen während der Rollenspiele kommt, muss das Safword im Voraus explizit benannt und als solches deklariert sein.
Weiterhin kann die “Verhörsituation” (ein szenetypischer Begriff) dazu verwendet werden, eventuelle Fragen, Unsicherheiten und unerwünschte Handlungen anzusprechen. Der dominante fragt hier den devoten Part, weshalb er von vereinbarten Regelungen abgewichen ist. Sind die Antworten plausibel, kann die Bestrafung somit vermieden werden.
Wann ist BDSM sittenwidrig und strafbar?
Neben der oben genannten, unabdingbaren Einwilligung seitens des submissiven Parts sind bei sadomasochistischen Praktiken weiterhin die Grenzen in §216 und §228 StGB zur Sittenwidrigkeit einzuhalten.
Zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit gab es im Verlauf der Zeit einige bedeutende Urteile des Bundesgerichtshofes:
Dieser hatte am 26. Mai 2004 ein wegweisendes Urteil erlassen, welches sadomasochistische Handlungen trotz Einwilligung nur noch dann als sittenwidrig beurteilt, wenn eine konkrete Todesgefahr besteht.
Weiterhin gelten Praktiken im BDSM nicht mehr bereits wegen ihrer sexuellen Motivation als sittenwidrig, auch wenn diese zu tatbestandmäßigen Körperverletzungen führen. Gefährdungsobjekt ist gemäß §224 I Nr. 5 StGB ausschließlich das Leben, nicht aber die Gesundheit oder körperliche Unversehrtheit des devoten Parts.
Wann gilt eine sadomasochistische Behandlung als lebensgefährlich?
Ob eine Handlung im Rahmen des Sadomaso als lebensgefährlich gilt, wird danach beurteilt, ob sie das auch generell ist. Die Gefahr muss sich dabei nicht realisiert haben, eine geringe Realisierungswahrscheinlichkeit ist ausreichend. Um zu beurteilen, ob eine Handlung im Rahmen des BDSM das Leben eines Parts hätte gefährden können, werden Verletzungen der Zeugin/ des Zeugen als Indizien aufgefasst. Das Tatbestandsmerkmal wird zu dieser Beurteilung jeweils aus objektiver Sicht betrachtet. Deshalb kommt es vorrangig nicht darauf an, ob das Opfer Todesangst empfunden hat oder nicht.
Mögliche BDSM-Handlungen gelten als lebensgefährlich:
- Zu Boden werfen, vor allem, wenn das Opfer auf einer Fahrbahn zum Liegen kommt
- Schläge, Tritte oder Bisse im Übermaß oder an empfindlichen Stellen
- Tritte oder Schläge gegen den Kopf oder auf empfindliche Kopfregionen, die zu lebensgefährlichen Verletzungen führen
- Würgen mit entsprechender Dauer und Stärke des Einwirkens, sodass beispielsweise Erstickungsgefahr besteht oder die Blutzufuhr ins Gehirn lebensbedrohlich unterbrochen wird
- Handlungen von geringerer Intensität, welche in größerer Zahl oder über längere Zeit hinweg vorgenommen werden oder in Zusammenhang mit einer geschwächten Konstitution des Opfers auftreten
Ihnen werden unerlaubte sadomasochistische Handlungen vorgeworfen?
Obwohl die Voraussetzungen für legitime BDSM-Handlungen klar sind, kommt es immer wieder zu Streitfällen im Nachhinein, insbesondere bezüglich der Einwilligung des devoten Partners. Eine Absicherung wie oben beschrieben ist deshalb unumgänglich.
Im Fall eines meiner Mandanten war dieser von seiner Frau wegen sadomasochistischer Handlungen angeklagt worden. Während der Körperverletzungshandlungen lag kein sexuelles Motiv vor. Außerdem waren die bei der Zeugin eingetretenen Verletzungen laut § 224 I Nr. 5 StGB unerheblich, da sie nicht als Indiz für eine das Leben gefährdende Behandlung sprachen.
Wenn Sie solcher oder ähnlicher angeblicher Straftaten bezichtigt werden, helfe ich Ihnen als Anwältin für Sexualstrafrecht gern weiter. Außerdem übernehme ich gern die Funktion als Strafverteidiger im Sexualstrafrecht. Treten Sie in Kontakt mit mir!
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