Freispruch durch Landgericht Stuttgart
Erfolg für vierfachen Familienvater: Freispruch im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart wegen „KiPo“.
Kein Besitzwille an Dateien im Cache
Was war geschehen?
Mein Mandant spielte leidenschaftlich Computerspiele im Internet, um sich von dem stressigen Arbeitsalltag abzulenken und streamte diese auf der Plattform Twitch.
Mit seinem Twitchaccount sollte er Mädchen aus den USA, Großbritannien und Australien in englischer und italienischer Sprache zu sexuellen Handlungen aufgefordert haben. Es bestand der Verdacht, mein Mandant würde den sexuellen Missbrauch von Kindern vorbereiten. Daraufhin erfolgte die heute leider übliche Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornographischen Schriften.
Verfahren in der ersten Instanz
Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart Bad Canstatt wurde mein Mandant zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt (!).
Das Gericht erklärte den vorliegenden Chat als ausreichendes Indiz für die Bestätigung des Tatvorwurfs und begegnete dem Einwand meines Mandanten, er könne kein Englisch, mit der Argumentation, er hätte einen Übersetzer-Service nutzen können.
Auf den Umstand der wechselnden Sprachen sowie ob dies anhand der technischen Daten möglich sei, wurde mangels technischer Auswertung nicht eingegangen.
Ebenfalls wurde die Tatsache, dass sich einzig im Cache Speicher seines Computers inkriminierte Dateien befanden, als klares Zeichen für den fehlenden Besitzwillen missachtet.
Chatnachrichten in englischer und italienischer Sprache?
Richtig war einzig, dass der Account, welcher die Chatnachrichten verschickte, auf den Rechner meines Mandanten zurückzuführen war. Dieser Account ist jedoch nicht jener meines Mandanten.
Darüber hinaus verfügt mein Mandant über keine Englischkenntnisse.
Auch wäre das Zeitfenster, in welchem die Chatnachrichten von dem besagten Account geschickt wurden, viel zu klein gewesen, um alle Daten zwischenzuspeichern, die jeweiligen Sätze in den Onlineübersetzer-Service zu tippen, die Sprache auszuwählen und übersetzen zu lassen.
Darüber hinaus wurden nicht nur englische, sondern auch italienische Sätze versendet. Mein Mandant hätte also nicht nur zwischen dem Chat des Anbieters Twitch und dem Übersetzer hin- und herwechseln müssen, sondern darüber hinaus auch auf der Übersetzerseite selbst zwischen englisch und italienisch wechseln müssen.
Vorwurfs Besitz kinderpornographischer Schriften
Die inkriminierten Dateien befanden sich auf dem gemeinsam genutzten Familienrechner. Der Rechner wurde von seiner Frau sowie seiner Tochter verwendet. Die inkriminierten Dateien befanden sich im Zwischenspeicher ,,Cache“ von Firefox. Mein Mandant selbst nutzte Firefox nicht.
Darüber hinaus ist, aufgrund des ausschließlichen Befindens im Zwischenspeicher, ein erneutes Zugreifen sowie Identifizierung der jeweiligen Datei für ihn nicht möglich.
Besitzwille ist damit nicht gegeben.
Berufungsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart
Bezüglich des Vorwurfs der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern stellte das Landgericht das Verfahren ein - ist es doch sehr wenig plausibel, dass mein Mandant – unter Zugrundelegung der nicht vorhandenen sprachlichen Kenntnisse – die besagten Chatnachrichten verschickte.
Besitzwille entscheidend
Bezüglich des Vorwurfs des Besitzes von kinderpornographischen Schriften verdeutlichte die Vorsitzende zutreffend, dass es nicht auf den bloßen – formalen — Besitz ankomme, sondern maßgebliches Kriterium für eine Verurteilung der Besitzwille ist. Dieser ist bei ausschließlichem Auffinden der Daten im Zwischenspeicher nicht gegeben, da ein durchschnittlicher Nutzer technisch nicht in der Lage ist, beliebig auf Dateien im Cache zuzugreifen und diese zu betrachten.
Kein Besitzwille an Daten im Cache
Entsprechend erfolgte auch der Freispruch in der Berufungsinstanz.