Staatsanwaltschaft Göttingen stellt Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung gegen Medizinstudenten ein.
Wegen enttäuschter Kommilitoninnen geriet der von meinem Mandanten erträumte Arztberuf in Gefahr. Denn bei einer Verurteilung wegen einer sexuellen Nötigung und/ oder einer Vergewaltigung wäre es ihm zumindest für sehr lange Zeit unmöglich gewesen, die Approbation als Arzt zu beantragen. Glücklicherweise stellte die Staatsanwaltschaft Göttingen das Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung/ Vergewaltigung nunmehr ein.
Was war geschehen?
Meinem Mandanten wurden Vergewaltigungen zum Nachteil zweier Zeuginnen vorgeworfen.
So beschuldigte zunächst seine vormalige Partnerin der häuslichen Gewalt zu ihrem Nachteil. In diesem Zusammenhang bekundet sie zur Bestärkung ihrer Anzeige, eine weitere eine Ex-Freundin meines Mandanten habe ihr gegenüber von einer Vergewaltigung durch diesen berichtet.
Dementsprechend erstattete diese weitere Zeugin Strafanzeige gegen ihn wegen einer vor Jahren (!) angeblich stattgefundenen Vergewaltigung.
Seinerzeit hatten die Beteiligten während eines Festivals gemeinsam – bei gleichzeitiger Anwesenheit einer weiteren Person- in einem Zelt übernachtet. Hierbei habe er mehrmals die Hose der Zeugin heruntergezogen; diese habe die Hose wieder hochgezogen und sich umgedreht.
Mein Mandant habe sodann die Hose der Zeugin indes abermals heruntergezogen und sei vaginal von hinten in diese eingedrungen. Dies habe sie zunächst geschehen lassen, da sie sich „wie gelähmt“ gefühlt habe. Als sie dann angefangen habe zu weinen, habe er aufgehört.
Die weitere Zeugin erweiterte ihre Anzeige wegen häuslicher Gewalt daraufhin und gab nunmehr an, mein Mandant habe während der Beziehung sie im Schlaf wiederholt penetriert. Teilweise sei dies für sie okay gewesen; teilweise nicht.
Bestreitende Stellungnahme der Verteidigung
In unserer hier sehr umfangreichen Stellungnahme regten wir die Einstellung des Ermittlungsverfahrens an. Dies, indem wir plausibel darlegten, dass der dem Sex im Zelt angeblich entgegenstehende Wille der Zeugin für ihn nicht ersichtlich war. Vielmehr ging er davon aus, dass sie vermeiden wollte, dass die dritte Person im Zelt dadurch geweckt werde oder gar etwas mitbekomme.
Erst als die Zeugin angefangen habe zu weinen realisierte mein Mandant, dass sie möglicherweise mit der sexuellen Handlung als solche nicht einverstanden sei.
Aussagepsychologisch konnten wir begründen, dass beide Belastungsaussagen nicht glaubhaft waren. Vielmehr ließen sich in beiden Fällen weder die Hypothese der bewussten Falschaussage wie jene der irrtümlichen Falschaussage zurückweisen.
Zwar sprachen gegen die Annahme der Hypothese der bewussten Falschaussage ist die erheblichen emotionalen Erschütterungen, die sich in der Folge im Zusammenhang mit weiteren erheblichen Konflikten in der jeweiligen Beziehung zwischen den Beteiligten entwickelt hat und möglicherweise nicht allein auf die jeweils angezeigten Vergewaltigungen zurückzuführen ist. Zudem enthielten beide Belastungsaussagen originelle Einzelheiten und auch die Schilderung szenischen Geschehens.
Gleichzeitig ließ sich zum Zeitpunkt der polizeilichen Vernehmung auch nicht ausschließen, dass sich im Zusammenhang mit anderen schweren Vorwürfen der Zeugin gegen meinen Mandanten, wie z. B. weitere sexuelle Aktionen, die sie als nicht einvernehmlich empfunden hat und verbale und nonverbale Attacken auf sie auch nicht ausschließen, dass sich eine hinreichende Motivation entwickelt hat für eine bewusste Falschaussage, weil vielleicht die angebliche Vergewaltigung im Zelt auch der einzige Vorfall ist, mit dem sie meint ihn strafrechtlich belangen zu können.
Zudem war die Hypothese einer irrtümlichen Falschaussage für den Vorfall im Zelt zu begründen, indem sie den Sex in dieser fraglichen Situation passiv duldend hingenommen hat vergleichbar der von ihr daneben beschriebenen vielen Dinge in der Beziehung im nicht-sexuellen Bereich. Nunmehr, Jahre später und zwischenzeitlich gesammelter weiterer sexueller Erfahrung war sie dann subjektiv davon überzeugt, tatsächlich eine Vergewaltigung durch meinen Mandanten erlitten zu haben.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Göttingen
Die Staatsanwaltschaft Göttingen stellte das Ermittlungsverfahren auf Grund unserer Verteidigungserklärung und nach Vernehmung weiterer, meinen Mandanten belastenden Zeuginnen ein.
Die Erklärung meines Mandanten, vom Einverständnis der Zeugin zu den sexuellen Handlungen ausgegangen zu sein, sei nicht zu widerlegen. Es sei insbesondere nachvollziehbar, dass mein Mandant in der Situation im Zelt unter Anwesenheit einer weiteren Person, davon ausgegangen ist, dass sich die vermeintliche Gegenwehr lediglich darauf bezog, dass die dritte Person nichts von dem sexuellen Kontakt mitbekomme. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich die Gegenwehr auf die sexuellen Handlungen als solche richtete. Ein vorsätzliches Handeln meines Mandanten sei folglich nicht ersichtlich. Eine Vergewaltigung als solche bzw. auch eine sexuelle Nötigung erfordert jedoch immer einen Vorsatz. Ein solcher konnte hier nicht festgestellt werden.
Erneut zeigt auch hier die Erfahrung, wie entscheidend die Einreichung einer auf sämtliche für eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens hilfreiche Argumente ist.