False Memory Syndrom: Wenn das Gedächtnis trügt
Mit dem Begriff “False Memory Syndrom” werden unterschiedliche Formen von fehlerhaften Erinnerungen durch äußere Einflüsse bezeichnet. “Falsche Erinnerungen” sind dabei solche, bei denen sich der Mensch an Erlebnisse erinnert, die so tatsächlich nie stattgefunden haben.
Die Einflüsse, unter denen diese falschen Erinnerungen entstehen, können in der Person selbst begründet liegen (z.B. durch Vermischung von Erlebnissen, Betrachtung alter Fotos oder das unbewusste Hinzuziehen von Erzählungen), sie können aber auch suggestiv von außen erfolgen, z.B. im Rahmen von psychotherapeutischen Sitzungen.
Für die Arbeit als Anwalt für Sexualstrafrecht stellt das False Memory Syndrom eine besondere Herausforderung dar. Emotionale Erinnerungen, die auch bei sexuellen Handlungen oder in vermeintlich übergriffigen Situationen entstehen, gelten als besonders anfällig für Erinnerungsfälschung. Hier gilt es, als Verteidiger besonders wachsam zu sein, um die Fehler und Ungereimtheiten in den Aussagen von Zeugen erkennen und offenlegen zu können.
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Erinnerungsverfälschung betrifft jeden
Die Fälschung von Erinnerungen ist per se ein ganz normaler Vorgang. Bei der Betrachtung alter Fotos von bestimmten Situationen, meinen wir schnell, uns an abgebildete Dinge zu erinnern - selbst wenn sich am Ende herausstellt, dass die Fotos gar nicht die betreffende Situation zeigen. Der Prozess der Erinnerungsverfälschung ist dabei dynamisch zu verstehen: Bestehende Erinnerungen werden mit anderen Inhalten verknüpft, wie z.B. den Erzählungen anderer Personen oder Erinnerungen an andere Gegebenheiten. Je häufiger diese anderen Elemente in Bezug auf das eigentliche Geschehnis gehört, gelesen oder gedacht werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass diese Teil der Erinnerung werden oder neue schaffen. Der Denkende glaubt, die Dinge wirklich selbst so erlebt zu haben. (Dies belegen z.B. die Experimente der amerikanischen Psychologin Elizabeth Loftus.)
Man unterscheidet bezüglich des “False Memory Syndrom” i.d.R. drei Formen:
- Erinnerungsverfälschung: Das (unabsichtliche) Verfälschen bereits vorhandener Gedächtnis-Bestandteile.
- Erinnerungsfälschung: Durch Phantasie entstehende neue Gedächtnis-Bestandteile.
- Pseudo-Erinnerungen: Von außen suggerierte neue Gedächtnis-Bestandteile.
Sonderform Pseudo-Erinnerung: Therapieinduzierte Erinnerung
Nicht erst seit den Wormser Prozessen, die in den 90er Jahren die Medien monatelang in Aufruhr versetzen, ist im Sexualstrafrecht die Sensibilität gegenüber therapieinduzierten Erinnerungen gewachsen.
Von diesen Erinnerungen spricht man, wenn Pseudo-Erinnerungen im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung oder anderen Formen lebenshilflicher Maßnahmen entstehen. Da die Klienten i.d.R. auf der Suche nach Ursachen für bestimmte Probleme sind, sind sie meist auch empfänglich für plausibel klingende Theorien. Hier genügt oft schon die Frage nach eventuellen Missbrauchs-Vorfällen in der Kindheit, um diese Idee zu einer falschen Erinnerung heranreifen zu lassen. Auch wenn der Therapeut eine Beeinflussung nicht beabsichtigt, kann er so doch zur Ursache des False Memory Syndrom werden.
False Memory Syndrom im Sexualstrafrecht
Es zeigt sich in meiner Arbeit immer wieder, dass insbesondere für emotionale Erinnerungen (ganz gleich ob positiv oder negativ emotional) eine Neigung zur Verfälschung von Erinnerungen besteht. Beteiligte meinen schnell, sich an Einzelheiten zu erinnern, die so vielleicht nie stattgefunden haben. Wenn ich Beschuldigte mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung, der Vergewaltigung oder des sexuellen Übergriffs verteidige, gilt es für mich also mit differenzierten Methoden der Aussagepsychologie zu ergründen, ob die Schilderungen durch das vermeintliche Opfer auf tatsächlichen Geschehnissen basieren.
Ein besonderes Problem liegt hier auch für den Vorwurf des Kindesmissbrauchs oder des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen vor. Da Kinder eine deutlich wachere Phantasie haben als Erwachsene, neigen gerade sie dazu, unter Suggestion falsche Erinnerungen auszubilden. Dies wird leider viel zu oft ausgenutzt und beschäftigt mich als Strafverteidigerin im Sexualstrafrecht vor allem im Rahmen von Sorgerechtsstreitigkeiten.
False Memory Syndrom erkennen: Wesentlich für eine optimale Verteidigung
Zeugen, deren Erinnerungen durch ein False Memory Syndrom hervorgerufen werden, sind keine Lügner. Sie sagen aus, an was sie sich zu erinnern glauben; für sie sind die geschilderten Ereignisse real. Bei einer Lüge liegt die Absicht der Täuschung vor, der Aussagende weiß also um die wahren Geschehnisse und verfälscht diese aus niederen Beweggründen.
Wenn ich Beschuldigte bei Vorwürfen wie Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch als Anwalt verteidige, gilt es also jedes Wort der vermeintlichen Opfer zu überprüfen und mittels besonderer Fragetechniken Fehler in der Argumentationskette offenzulegen. Vertrauen Sie hierbei ganz auf meine jahrelange Expertise in der aussagepsychologischen Arbeit. Ich werde all mein Wissen und meine Erfahrung einsetzen, um Ihren Fall zu einem guten Ende zu bringen.
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