Vorwurf Kindesmissbrauch: Anwaltliche Beratung und Unterstützung
Wird ein Kind sexuell missbraucht, ist seine Gesamtentwicklung gestört. Durch Autoritätspersonen werden Unterlegenheit und Unwissen der Kinder durch den Täter zu dessen eigener sexuellen Befriedigung ausgenutzt. Darum wiegt der Vorwurf des Kindesmissbrauchs schwer und wird mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren geahndet.
Die Norm Sexueller Missbrauch von Kindern verfügt über etliche Begehungsalternativen. Opfer ist dabei immer ein Kind, das heißt, Jungen und Mädchen unter vierzehn Jahren. Es macht sich des Kindesmissbrauchs strafbar, wer sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt, sexuelle Handlungen an sich von dem Kind vornehmen lässt oder ein Kind dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen.
Bedauerlicherweise kommt es allerdings auch immer wieder vor, dass der Verdacht des Missbrauchs genutzt werde, um nach einer Trennung in Sorgerechtsstreitfällen mit solchen Falschaussagen eine Entscheidung gegen ein Elternteil (i.d.R. den Vater) zu beeinflussen. Bei einer entsprechend gearteten Verleumdung bedarf es einer kompetenten Verteidigung gegen Kindesmissbrauch als falscher Verdächtigung durch eine auf das Strafrecht spezialisierte Rechtsanwältin.
Verteidigung gegen Kindesmissbrauch: So ist sexuelle Gewalt gegen Kinder definiert
Dem Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern unterfällt, wenn der Täter auf ein Kind mittels pornografischer Schriften oder mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie einwirkt. Dies gilt insbesondere, wenn versucht wird, das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll. Ebenfalls zählt es zum Kindesmissbrauch, wenn das Kind dazu gezwungen wird, kinderpornografische Schriften herzustellen oder sich zu verschaffen (§ 184 b Absatz 1 Nummer 3, § 184 b Absatz 3).
Der Vorwurf des Kindesmissbrauchs greift auch dann, wenn der Täter ein Kind für sexuelle Handlungen nach § 176 Abs. 1 bis 4 anbietet oder solche nachzuweisen verspricht bzw. sich mit einer anderen Person zu einer solchen Tat verabredet.
Missbrauchshandlungen zum Nachteil von Kindern, die in ihrem Handlungsunwert und Erfolgsunwert vom Gesetz als noch gravierender bewertet werden als der sexuelle Missbrauch von Kindern, werden als schwerer sexueller Kindesmissbrauch bezeichnet. Die Strafdrohung entspricht der des Mordtatbestands und liegt demnach bei einer Strafdrohung von bis zu 15 Jahren Freiheitsentzug.
Rechtliche Grundlagen nach dem Strafgesetzbuch
Ob sexueller Kindesmissbrauch oder schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorliegt, wird je nach Stärke des Vergehens am Opfer und den Vorstrafen des Täters in einem Strafverfahren entschieden. Genaue Regelungen dazu befinden sich im § 176 StGB Sexueller Missbrauch von Kindern.
Den Straftatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern regelt § 176 a StGB:
Tatbestand, Tathandlungen §176 a
Die Tathandlungen bei dem Delikt schwerer sexueller Missbrauch von Kindern bestehen zum einen darin, dass der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre schon einmal wegen des Vorwurfs des Kindesmissbrauchs rechtskräftig verurteilt worden ist, also Wiederholungstäter ist und sich nunmehr mit einer weiteren Tat über die Warnfunktion der ersten Verurteilung hinwegsetzt. Ferner begeht das Delikt, wer über 18 Jahre alt ist und an einem Kind Handlungen vornimmt oder vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, durch sein Handeln eine erhebliche Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung verursacht oder sich nach § 25 Abs. 2 StGB der Mittäterschaft in entsprechenden Fällen des Missbrauchs schuldig macht. Auch wer in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 3, 4 Nr. 1 oder Nr. 2 oder des § 176 Abs. 6 als Täter oder anderer Beteiligter in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer pornografischen Schrift (§ 11 Abs. 3) zu machen, die nach § 184b Absatz 1 oder 2 verbreitet werden soll, wird nach § 176 a verurteilt.
Strafe bei § 176 a
Das Strafmaß hängt entscheidend davon ab, aus welchem Grund § 176 a Anwendung findet. Wiederholungstäter müssen bei einem erneuten Vorwurf des Kindesmissbrauchs mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe rechnen. Täter, die das Kind penetriert, konkret prognostizierbare Schäden für die körperliche und seelische Entwicklung des Kindes verursacht haben oder die Tat zum Gegenstand einer pornografischen Schrift machen (wollten), erwartet eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe. Dies gilt ebenfalls im Falle eine Mittäterschaft. Bei schwerer körperlicher Misshandlung oder gar Lebensgefahr für das Kind liegt die Mindeststrafe bei fünf Jahren Freiheitsentzug.
Strafmildernd auswirken kann es sich, wenn das Kind kurz vor der Vollendung des 14. Lebensjahres steht und/oder bereits freiwillig sexuelle Erfahrungen gemacht hat oder aber die vorgenommene Handlung die Erheblichkeitsschwelle nur knapp überschritten hat. Strafschärfend dagegen kann sich eine anale Penetration auswirken. Wie auch bei dem Delikt sexueller Missbrauch von Kindern zeigt die Erfahrung, dass sich die Gerichte bei der konkreten Strafzumessung regelmäßig in der oberen Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens bewegen.
Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch
Die Verjährung für den Vorwurf des Kindesmissbrauchs beträgt zwischen 5 und 20 Jahren. Sie richtet sich nach dem Strafrahmen zum Zeitpunkt der Tat und beginnt mit der Vollendung des 21. Lebensjahres des betroffenen Kindes.
Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung zivilrechtlicher Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche beträgt 30 Jahre für alle Fälle, die zum 30.06.2013 noch nicht verjährt waren.
Falsche Anschuldigung bei Missbrauch eines Kindes
Der Vorwurf des Kindesmissbrauchs gegenüber einer Person wird bedauerlicherweise auch ohne Grund erhoben. Nicht selten geschehen solche Anschuldigungen, dass das eigene Kind missbraucht wurde, durch eine Frau bzw. Mutter gegenüber einem Mann, um beispielsweise Rache auszuüben. Schon allein das Äußern dieser falschen Anschuldigung kann eine unermessliche Tragweite für den Beschuldigten haben.
Der rechtliche Beistand durch einen Anwalt für Sexualstrafrecht kann auch in diesem Fall von großer Bedeutung sein. Ich biete Ihnen meine Hilfe, Beratung und Rechtsbeistand für einen fairen Prozess vor Gericht. Mit meiner Expertise in der Verteidigung beim Vorwurf Kindesmissbrauch, auch als übler Nachrede und falscher Aussage, kann ich Sie kompetent und verlässlich von der Anschuldigung durch das Verfahren bis zur Urteilsverkündung begleiten. Kontaktieren Sie mich für ein erstes Gespräch.
Missbrauch von Schutzbefohlenen
Die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft sind noch besonders wehrlos, weshalb das Strafgesetzbuch hart Strafen für sexuelle Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche vorsieht. Der Vorwurf des Kindesmissbrauchs bezieht sich dabei auf Kinder unter 14 Jahren, während das Strafrecht bei 14- bis 18-jährigen vom Missbrauch Jugendlicher spricht.
Einen besonderen Fall stellt der Missbrauch von Schutzbefohlenen dar, da hier ein Obhutsverhältnis zwischen Täter und Opfer besteht. Für das Vergehen ist eine Strafandrohung bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder eine hohe Geldstrafe vorgesehen. Es liegt u.a. dann vor, wenn der Täter sexuelle Handlungen an einem unter sechzehn Jahre alten Opfer, das ihm „zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist“, vollzieht. Darüber hinaus gilt § 174 StGB auch, wenn eine höher gestellte Person an einem minderjährigen Schutzbefohlenen unter Ausnutzen der mit dem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit, sexuellen Missbrauch vornimmt oder von dem Opfer an sich vornehmen lässt. Die Straftat des Missbrauchs Schutzbefohlener liegt auch dann vor, wenn das Opfer das noch nicht achtzehn Jahre alte leibliche oder angenommene Kind des Täters ist.
Strafgrund "Abhängigkeit"
Die Strafbarkeit des Deliktes Missbrauch von Schutzbefohlenen ergibt sich insbesondere aus dem Recht auf eine ungestörte geschlechtliche Entwicklung junger Menschen, die von dem Täter durch enge familienrechtliche Verbundenheit oder ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis wie eine Ausbildung, abhängig sind. Da diese durch die Handlungen massiv geschädigt werden kann, sind die vorgesehenen Strafen für sexuellen Missbrauch entsprechend hoch. Daher macht sich der „Täter“ des Missbrauchs von Schutzbefohlenen grundsätzlich auch dann strafbar nach § 174 StGB, wenn das „Opfer“ in die sexuelle Handlung einwilligt oder sie selbst sogar anregt und initiiert.
Als erfahrene Anwältin für Sexualstrafrecht vertrete ich Sie, wenn Sie mit der Anschuldigung des Schutzbefohlenenmissbrauchs konfrontiert werden und berate Sie vom ersten Vorwurf bis zur Urteilsverkündung. Ich stelle sicher, dass Sie einen fairen Prozess bekommen. Auch wenn ihnen der sexuelle Missbrauch eines Kindes vorgeworfen wird, stehe ich Ihnen als Anwalt für Kindesmissbrauch mit Rat und Tat zur Seite. Kontaktieren Sie mich jetzt!
Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, § 179 StGB, liegt vor, wenn der Täter „eine andere Person, die wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder körperlich zum Widerstand unfähig ist“ dadurch missbraucht, indem er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornimmt , an sich von ihr vornehmen lässt oder die widerstandsunfähige Person unter Ausnutzung ihrer Widerstandsunfähigkeit dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen.
Die Tat ist als Vergehen mit einem Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe ausgestaltet.
Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, § 179 StGB
Auch § 179 StGB, sexueller Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen, soll dem Schutz vor Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung dienen. Der sexuelle Missbrauch liegt im Fall des § 179 in der Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit des potentiellen Opfers gegen eine sexuelle Handlung des potentiellen Täters. Dies dergestalt, als die Widerstandsunfähigkeit den sexuellen Kontakt ermöglicht oder zumindest erleichtert, wobei der Täter die ihm dadurch gebotene Gelegenheit wahrnimmt.
Die Norm „Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen“, § 179 StGB, sanktioniert demnach den sexuellen Missbrauch einer „zum Widerstand unfähigen“ Person.
Diese Formulierung des Gesetzes wirft naturgemäß einige Fragen auf: denn – wann ist „eine Person „zum Widerstand-unfähig”? Welche Konstellationen einer „Widerstandsunfähigkeit“ werden in diesem Fall erfasst?
Wann spricht man von Widerstandsunfähigkeit?
Der BGH sieht Widerstandsunfähigkeit unter 3 Voraussetzungen als gegeben an:
Dann, wenn das Opfer des Delikts sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen nicht in der Lage ist zu entscheiden, ob es in sexuelle Handlungen des Täters einwilligen möchte, mithin sexuelle Handlungen ausüben oder zulassen möchte; die Situation also überhaupt erfassen und bewerten kann; ferner, wenn das Opfer zwar einen Widerstandswillen gegen sexuelle Handlungen mit dem Täter bilden kann und bildet, diesen aber nicht äußern kann und entsprechend durchsetzen kann.
Fehlt es bereits an einer der genannten Fähigkeiten, gilt das Opfer als im Sinne der Norm „widerstandsunfähig“.
Dabei bestimmt § 179 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB, die Situationen und Tatumstände, in welchen dies geschehen kann.
Konstellationen denkbarer Widerstandsunfähigkeit: Ursachen
Das Gesetz differenziert in diesem Fall nach den denkbaren Ursachen, aufgrund derer eine Person – das potentielle Opfer – widerstandsunfähig gegen ein sexuelles Ansinnen sein kann. Die Widerstandsunfähigkeit kann also unterschiedliche Ursachen haben.
So kann Widerstandsunfähig sein, wer aus folgenden Gründen keinen Widerstand gegen das sexuelle Ansinnen eines anderen nicht in der Lage ist: aufgrund einer geistigen oder seelischen Krankheit (etwa diagnostizierter Psychose oder sonstiger hirnorganischer Störung) oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit; und/ oder aufgrund „einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung”, § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB, mithin u.a. während Schlaf, Ohnmacht; Hypnose, Alkohol- oder Drogenrausch und/ oder „körperlich”, § 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger gilt: Widerstandsunfähig ist, wer - wegen geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung - keinen entsprechenden Willen gegen das sexuelle Ansinnen eines anderen bilden oder äußern kann; körperlich widerstandsunfähig, wer keinen Willen gegen das sexuelle Ansinnen eines anderen durchzusetzen kann – etwa, weil das Opfer querschnittsgelähmt oder gefesselt ist.
Als erfahrene Fachanwältin für Sexualstrafrecht weiß ich: Für den Verteidigungsalltag relevant ist indes allein die Widerstandsunfähigkeit aufgrund „tiefgreifende Bewusstseinsstörung”.
Tathandlung und Tatbestand bei § 179 StGB|closed
Der Tatbestand der Norm sexueller Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen“ führt etliche denkbar mögliche Tathandlungen auf:
Demnach macht sich des sexuellen Missbrauchs von Widerstandsunfähigen strafbar, wer
- an einer widerstandsunfähigen Person sexuelle Handlungen vornimmt oder von der widerstandsunfähigen Person an sich selbst vornehmen lässt; ferner,
- eine widerstandsunfähige Person dazu bestimmt, also veranlasst bzw. beeinflusst, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder sexuelle Handlungen von einem Dritten an sich selbst vornehmen zu lassen;
Ferner –unter Androhung einer Mindeststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe (!)- ,
- wer mit dem widerstandsunfähigen Opfer den Geschlechtsverkehr („Beischlaf“) vollzieht oder auf vergleichbare Weise – etwa mit einem Finger, oral oder anal – in den Körper des Opfers eindringt, alternativ mit Gegenständen anal oder vaginal in den Körper des Opfers eindringt bzw. das Opfer veranlasst, auf gleiche Weise in den Körper des Täters einzudringen;
- wer den sexuellen Übergriff in Mittäterschaft, § 25 Abs. 2 StGB, mit einer anderen Person oder mehreren anderen Personen begeht, sowie,
- wer das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt; es also wahrscheinlich ist, dass das Opfer eine Gesundheitsschädigung oder Schädigung in der körperlichen oder seelischen Entwicklung davonträgt.
Weitere denkbare Tathandlungen verwirklicht daneben, wer – unter Androhung einer Mindeststrafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe,
- das Opfer bei der Tat, also in unmittelbaren Zusammenhang mit der sexuellen Handlung, körperlich schwer misshandelt, das Opfer also erhebliche Schmerzen erleidet oder einen langwierigen Gesundheitsschaden davonträgt; oder wer
- das Opfer durch die sexuellen Handlungen in konkrete Lebensgefahr („Gefahr des Todes“) bringt – etwa vorsätzlich mit dem HIV-Virus infiziert.
Tiefgreifende Bewusstseinsstörung, § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB
Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung bedeutet völlige Bewusstlosigkeit wie bei Schlaf oder Ohnmacht; schwere Rauschzustände nach Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenkonsum; Dämmerzustände bei Hypnose, Schockzustände, sowie, in Extremfällen, Zustände körperlich völliger Erschöpfung oder Apathie durch kumulativ/ alternativ Schlafentzug, Blutverlust und/ oder Nahrungsentzug. Das Opfer muss sich also in einer psychischen oder physischen Lage befunden haben, in der das intellektuelle und emotionale Erleben des Opfers derart gestört ist, so dass das Opfer die Situation nicht mehr realisieren kann, sich sonach nicht mehr frei für oder gegen eine sexuelle Aktivität entscheiden kann und deshalb die konkrete sexuelle Handlung des Täters auch nicht abwehren kann. Problematisch sind indes die Konstellationen, in denen das Opfer nicht völlig willenlos war und/ oder sich an den sexuellen Handlungen des „Täters“ sogar beteiligt hat.
In diesem Fall handelt es sich um eine normative Bewertung, die das Tatgericht selbst vornehmen muss und sich nicht allein auf entsprechende Ausführungen des Sachverständigen beziehen kann, sondern zur Beurteilung der konkreten Widerstandsunfähigkeit die von der Rechtsprechung zu §§ 20, 21 entwickelten Grundsätze zum Ausschluss oder zur erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit der zur beurteilenden Person entsprechend anwenden muss.
Demnach muss das Urteil bei einer Verurteilung aus dem Delikt sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen in einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der konkreten Besonderheiten des zu beurteilenden Tatgeschehens die geistig-seelische Verfassung des Opfers und deren konkrete Auswirkung auf das Opferverhalten darlegen. Fehlt dies, ist das Urteil erfolgreich mit der Revision angreifbar. So zuletzt abermals ein Urteil des BGH (1 StrR 394/14) vom 5.11.2014 auf eine erfolglose Revision der Staatsanwaltschaft gegen einen Freispruch, wonach die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit eine „normative Entscheidung“ ist; „sie erfordert die Überzeugung des Tatrichters, dass das Opfer zum Widerstand gänzlich unfähig war“ (BGH 1 StrR 494/14).
Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Opfer des Delikts „sexueller Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen“ nur sein, wer wegen einer der im Gesetzestext abschließend aufgeführten Konstellationen (namentlich wegen geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder körperlich“, § 179 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB) außerstande, „einen ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des Täters zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen“, vgl. BGH Aktenzeichen 4STR33811 4 StR 338/11, NStZ 2012, NSTZ Jahr 2012 Seite 150 f.).
Daneben darf zur Annahme der Widerstandsunfähigkeit nicht darauf abgestellt werden, ob das Opfer dann, wenn es die konkrete Situation emotional und intellektuell erfasst hätte, vermutlich Widerstand gegen die konkrete sexuelle Handlung geleistet hätte.
Vielmehr ist für die Bejahung der Widerstandsunfähigkeit im Rahmen des § 179 StGB allein entscheidend, dass das Opfer in der konkreten Situation und gegen die zu beurteilende konkrete sexuelle Handlung widerstandsunfähig war.
Wann spricht man von Ausnutzen der Widerstandsunfähigkeit?
Ein Ausnutzen der Widerstandsunfähigkeit setzt voraus, dass diese die sexuellen Handlungen ermöglicht oder erleichtert hat, der Täter dies bewusst einkalkuliert die dadurch gebotene Gelegenheit wahrnimmt.
Verteidigungsansätze im Bereich Sexueller Missbrauch von Widerstandsunfähigen Personen ergeben sich insbesondere dann, wenn zwischen den Beteiligten eine Liebesbeziehung bestand. Ebenfalls dann, wenn das „Opfer“ vor Eintritt der Widerstandsunfähigkeit in eine sexuelle Handlung eingewilligt hat.
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Strafe bei sexuellem Missbrauch Widerstandsunfähiger
Der Strafrahmen des § 179 StGB ist eine Freiheitsstrafe und es drohen 6 Monate bis zu 10 Jahre. §179 StGB ist demnach ein Vergehen. Gleichzeitig kann indes auch ein unbenannter besonders schwerer Fall des Grundtatbestands mit einer Mindeststrafe nicht unter 1 Jahr Freiheitsstrafe angenommen werden. Erfasst sollen hier Konstellationen, bei denen der Täter zwar nicht in den Körper des Opfers eindringt, dieses jedoch auf andere Art besonders erniedrigt hat. Vollzieht der Täter mit dem Opfer in dieser Situation den Beischlaf oder dringt auf andere Weise – etwa mit dem Finger oder Gegenständen- in den Körper des Opfers ein, ist die Strafe Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren.
§ 179 Abs. 5 regelt den minder schweren Fall des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger. Die Strafe ist hier Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren. So kann ein minder schwerer Fall von sexuellem Missbrauch von Widerstandsfähigen dann vorliegen, wenn der Täter mit dem später volltrunkenen Opfer bereits vor der Tat Zärtlichkeiten in beiderseitigem Einvernehmen ausgetauscht hatte.
Für die Strafzumessung bei dem Vorwurf sexueller Missbrauch von Widerstandsunfähigen sind regelmäßig folgende Umstände relevant:
Strafmildernd |closed
Strafmildernd dürfte sich bei einer Bestrafung aus dem Delikt sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger auswirken, wenn sich die tatrelevanten sexuellen Handlungen noch an der unteren Schwelle zur Erheblichkeit (bitte verlinken) bewegten. Weiter strafmildernd dürfte es sich in diesem Sinne ebenfalls auswirken, wenn das Opfer vor der fraglichen Tat mit dem Täter noch einvernehmlich Zärtlichkeiten ausgetauscht hat und/ oder die Initiative zu sexuellen Handlungen vom Opfer ausging und der Täter irrtümlich von einem Einverständnis des Opfers zu den sexuellen Handlungen ausging.
Straferhöhend
-Als erfahrene Rechtsanwältin kann ich berichten: Straferhöhend dürfte sich für die Bemessung der Strafe bei dem Delikt sexueller Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen insbesondere auswirken, wenn im Zustand der Widerstandsunfähigkeit die sexuellen Handlungen mehrfach oder besonders brutal und rücksichtslos erfolgten; sadistische Handlungen, Fäkalerotik, ungeschützter Geschlechtsverkehr, ferner, ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis zwischen Opfer und Täter vor der Tat bestand, das durch die Tat erschüttert wird und/ oder das Opfer durch die Tat anhaltend traumatisiert ist und/ oder, wenn die Tat gefilmt wurde.
Falschbelastungen bei § 179 StGB
Als erfahrene Anwältin weiß ich: Der Vorwurf sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen wird zumeist von Frauen, vereinzelt auch von Männern erhoben, wenn es mit einem bis dato unbekannten Partner nach heftigem Alkoholgenuss oder Drogengenuss zum Geschlechtsverkehr kam.
Im wieder nüchternen Zustand sieht sodann alles anders aus – und „man“ fragt sich, wie denn das „passieren konnte“. Und, naturgemäß, fällt es schwer, sich einzugestehen, dass man da gerade den „eigentlichen“ Partner betrogen hat - unter Umständen bemerkt dieser dies zudem und verlangt eine Erklärung-; oder dass man Sexualpraktiken im enthemmten Zustand ausprobiert hat, die man „im normalen Leben“ doch vehement ablehnt.
Scham, Peinlichkeit dürften bei einer Anzeige „sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger“ dominieren.
Als Rechtfertigungsversuch vor sich selbst und bleibt dann eine Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen. Meiner Erfahrung nach sind – im Gegensatz zu den AnzeigeerstatterInnen von Anzeigen mit dem Gegenstand sexuelle Nötigung und Vergewaltigung- selbst davon überzeugt, dass das sexuelle „Abenteuer“ einzig auf der Grundlage ihrer alkoholbedingten Widerstandsunfähigkeit, die der Partner besagter Nacht ausgenutzt haben soll, möglich war.
Dies macht die Verteidigung gegen den Vorwurf sexueller Missbrauch von Widerstandsunfähigen zunächst noch schwieriger als gegen den Vorwurf sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung zu verteidigen.
Denn die vermeintlichen Opfer wirken naturgemäß umso glaubwürdiger bei der Anzeigeerstattung und im Verfahren, zumal sie sich wahrheitsgemäß an etliche Details tatsächlich nicht erinnern können.
Als erfahrene Rechtsanwältin verfüge ich über langjährige Erfahrung im Sexualstrafrecht und der Strafverteidigung. Bei Interesse lesen Sie bitte gerne meine weiteren Ausführungen unter „Falschbelastungen durch Erwachsene“.
Verteidigungsstrategien bei § 179 StGB
Behauptet das vermeintliche Opfer, es habe den vermeintlichen Vorfall ja gerade nicht mitbekommen, da es geschlafen oder aus anderen Gründen nicht bei Bewusstsein gewesen sei, fehlt es an einer entsprechenden Aussage, die einer aussagepsychologischen Prüfung u.a. auf Konstanz, Widersprüche und Detailreichtum analysiert werden kann. Indes bleibt natürlich mit den Mitteln der Aussagepsychologie die Betrachtung der Belastungsaussage zur Schilderung vor der (vermeintlichen) Situation der Widerstandsunfähigkeit; ferner auf die Schilderung in der Belastungsaussage, auf welche Weise das Opfer den Vorfall bemerkt haben will.
Weitere Ansätze für die Verteidigung finden sich daneben im Rahmen einer genauen Analyse der Tatbestandsmerkmale Widerstandsunfähigkeit und Ausnutzen; im Rahmen des Vorsatzes sowie einer zu prüfenden Einwilligung.
Im Einzelnen:
Die Widerstandsunfähigkeit: die Widerstandsunfähigkeit muss absolut sein; nicht Begleitumstand.
Widerstandsunfähigkeit allein begründet noch nicht die Strafbarkeit aus § 179. Vielmehr muss ein Ausnutzen der Widerstandsunfähigkeit hinzukommen, die sexuelle Handlung darf also auch nicht von einer (mutmaßlichen) Einwilligung gedeckt sein.
Denn ein Ausnutzen fehlt dann, wenn das „Opfer“ in die sexuellen Handlungen wirksam eingewilligt hätte oder hat; etwa bei körperlicher Behinderung oder innerhalb einer Liebesbeziehung.
Ein weiterer Verteidigungsansatz ergibt sich im Rahmen des Vorsatzes, mithin im Rahmen der Frage, ob der „Täter“ die erkennen konnte oder zumindest hätte erkennen können müssen, dass das Opfer absolut widerstandsunfähig war und diesen Umstand bewusst zur Vornahme sexueller Handlungen nutzte. Kannte der potentielle Täter nicht die Tatsachen, aus denen sich die Widerstandsfähigkeit im konkreten Fall ergibt, fehlt es bereits am Vorsatz.
Verteidigungsansätze ergeben sich bei konsensualer Verteidigung zudem aus den Strafmilderungsgründen etwa, wenn das Vorverhalten des Opfers bereits Zärtlichkeiten zuließ oder wenn sich die vorgeworfene sexuelle Handlung, § 184 g StGB, an der unteren Schwelle der Erheblichkeit bewegt.
Bei Interesse lesen Sie bitte gerne auch meine weiteren Ausführungen unter “Herausforderung bei der Verteidigung im Sexualstrafrecht”.
Sie sind auf der Suche nach einem Anwalt für Sexualstrafrecht? Ich bin Fachanwältin auf diesem Gebiet und Ihr kompetenter Ansprechpartner. Sehen Sie sich mit dem Vorwurf von Kindesmissbrauch oder dem Missbrauch Jugendlicher konfrontiert, vertrete ich Sie als Strafverteidiger.